Der Keltenstamm Alauni und Mitglieder von Gentes Danubii zu Besuch im Scottish Crannog Centre

Vom 13. bis 22. Juni 2009 waren Mitglieder des Keltenstamms Alauni und ein Teil von Gentes Danubii in Schottland eingeladen. Gastgeber war das Scottish Crannog Centre, eine private Organisation, die sich mit Unterwasserarchäologie beschäftigt und die frühe Eisenzeit Schottlands erforscht. Am Loch Tay rekonstruierten die Mitglieder unter der Leitung der Archäologen Ms. Barrie Andrian und Dr.Nick Dixon ein Crannog (Pfahlbaurundhaus) nach Funden von Überresten aus dem Loch Tay. Barrie und ihr Mann Nick sind die beiden einzigen Unterwasserarchäologen Schottlands. Unter anderem wirkte Barrie Andrian bei der Sicherung der Funde aus dem Frack des Schiffes Mary Rose mit, Nick unterrichtet an der Universität in Edinburgh.

Archäologie in Schottland

Für Archäologie fehlen in Schottland leider die Gelder. Dennoch versucht das Scottish Crannog Centre mit seiner Arbeit die frühe Geschichte Schottlands zu erforschen und einem interessierten Publikum näher zu bringen. Besonders in den großen Seen Schottlands finden sich unzählige archäologische Artefakte, die nur darauf warten geborgen zu werden. Anhand von Luftaufnahmen z.B. des Loch Tay lassen sich unter Wasser immer noch viele Überreste eisenzeitlicher Crannogs erkennen. Wegen des an Mikroorganismen armen und eiskalten Wassers erhalten sich organische Stoffe wie Holz oder Getreidearten sehr gut und liefern so der Wissenschaft hervorragendes Fundmaterial, das es auszuwerten gilt. Es fällt auf, dass sich die früheisenzeitliche Kultur Schottlands eher wie die Bronzezeit in Europa präsentiert, obwohl sie chronologisch gesehen schon den Anfang der Eisenzeit bildet. Anders als im Mitteleuropa der Hallstattzeit, wo sehr viele Grabfunde gemacht werden, fehlen diese im Schottland der frühen Eisenzeit völlig. So können die Archäologen leider nur sehr wenig über die Sachkultur der Bewohner der Crannogs aussagen. Ebenso gibt es so gut wie gar keine Metallfunde aus dieser Zeit. Eine Gewandnadel aus Eisen, die in einem Crannog des Loch Tay gefunden wurde, ist hier schon eine kleine Sensation.

Archäologiezum Anfassen – das Crannog Centre

Wer das kleine Crannog Centre besucht, dem sticht zweifelsohne zu allererst der rekonstruierte Pfahlbau ins Auge. Die Überreste des Originals wurden am anderen Ende des Loch Tay gefunden, wenige Meter neben dem Standort des rekonstruierten Crannogs ist jedoch auf den Überresten eines weiteren Crannogs eine künstliche Insel entstanden, anhand welcher Grundriss und Größe des Originals erfasst werden können. Wer sich eine Führung durch das Scottish Crannog Centre ansieht, bekommt einiges geboten: Zu Beginn kann man sich in einer kleinen Dauerausstellung anhand von Originalfunden, Schautafeln und Rekonstruktionen informieren, danach führt eine(r) der freundlichen Führer(innen) die Besucher ins Crannog, wo man auf Bänken Platz nimmt und in detaillierten Erzählungen hört, wie die Menschen damals gelebt haben könnten. Nach dem Besuch des Hauses erwarten den Besucher viele Attraktionen zum Mitmachen. So werden dem Besucher Arbeitsmethoden auf verschiedensten nachgebildeten Gerätschaften der damaligen Zeit nähergebracht. Vorgeführt werden diverse Tätigkeiten wie Drechseln, Steinbearbeitung, Mehl mahlen, Spinnen, Weben, Feuer machen und Gerben. Im Anschluss an die Führung sind die Besucher eingeladen, all die Geräte selbstzu bedienen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie mühsam es z.B. war, Getreide zu Mehl zu mahlen oder ein Feuer zu machen, wenn Feuerschläger und Feuerstein nicht vorhanden sind. Ein witziges Detail am Rande sei erwähnt: als Besucher des Crannog Centre bekommt jeder einen Wollumhang geborgt, denn im Crannog selbst kann es sehr zugig und kalt werden, da die Feuerstelle nur zu bestimmten, besonderen Anlässen in Betriebgenommen wird. Wer nach soviel erlebter Geschichte hungrig oder durstig wird, kann sich bei einem Kaffee mit Kuchen stärken und im Anschluss im Museumsshop stöbern, in dem es unter anderem viele interessante Bücher zum Thema sowie Artikel zum Thema erlebte Archäologie (z.B. Handspindel oder Webrahmen) zu finden gibt.

Alauni mit uns im Crannog Centre

Wir unterstützen gemeinsam mit Mitgliedern der Gruppe Alauni für 5 Tage das engagierte Team des Crannog Centre, indem wir die Kultur der Zeit um ca. 600– 400 v. Chr. Mitteleuropas darstellten und diverse Handwerke vorführten. Präsentiert wurden Metallbearbeitung, Werkzeugherstellung, Textilschautisch, Nadelbinden, Brettchenweben und Nähen, sowie verschiedene Kleidungs- und Sachkulturrekonstruktionen.Trotz desteilweise sehr typischen schottischen Wetters mit Regen, Wind und kühlenTemperaturen war das Crannog Centre auch an diesen Tagen sehr gut frequentiert. Die Besucher waren teilweise sehr überrascht über den Besuch aus dem Ausland und interessierten sich sehr für die Darstellungen. Außerdem bekamen wir die Möglichkeit, die erst kürzlich fertiggestellten Einbäume auszuprobieren und paddelten damit über den Loch Tay. Leider waren diese nicht nur mit historischen Werkzeugen,sondern auch mit Hilfe moderner Kettensägen gefertigt worden, was aber den Spaß am Einbaumfahren nicht trübte. Höhepunkt des Aufenthalts im Crannog Centre war das Mittsommernachtsfest am Sonntag, dem 21. Juni 2009, mit besonderen Publikumsattraktionen am Nachmittag und einem Music Festival am Abend. Es spielten im Crannog selbst drei verschiedene Musikgruppen mit Gitarre, Geige und Harfe. Im Freien gab es ein „eisenzeitliches Barbecue“ mit verschiedenen Eintöpfen und Wildfleisch. Dieser Abend war der gelungene Abschluss eines interessanten, wunderschönen Besuchs in Schottland.

Fazit

Wer einmal Schottland besucht und in die Nähe des Loch Tay kommt, sollte unbedingt im Crannog Centre vorbei schauen. Auch wenn man das Crannog Centre nicht mit der Größe festlandeuropäischer Freilichtmuseen vergleichen kann, zahlt sich der Besuch allemal aus. Die angebotenen Aktivitäten und die engagierten, freundlichen und kompetenten Mitarbeiter sind beispielhaft. Führt uns unser Weg wieder nach Schottland, so ganz bestimmt auch wieder ins Crannog Centre. Unser Fazit: Klein und fein, so muss es sein.